Römerzeit

B.Päffgen / W. Irlinger
Mit dem Alpenfeldzug von Drusus und Tiberius, den Stiefsöhnen von Kaiser Augustus, begann 15 v. Chr. die Römerzeit. Sie sollte bis 400/450 n.Chr. andauern. Schon um die Zeitenwende begann der Aufbau einer Infrastruktur, die auch für das Brucker Land Bedeutung hatte, führte doch die wichtige Verbindung von Iuvavum (Salzburg) nach Augusta Vindelicum (Augsburg), heute „Via Julia“ genannt, über Gauting, Gilching, Schöngeising, Landsberied, Jesenwang und Purk.

Ein wichtiges Zeugnis für diese Römerstraße stellt der im 16. Jh. bei Hattenhofen gefundene römische Meilenstein dar. Er stand ursprünglich 31 Meilen von Augsburg entfernt, als im Jahr 201 unter Kaiser Septimus Severus die Straßentrasse und Brücken im Abschnitt erneuert wurden. Eine Kopie des Steines steht in Gilching, denn nach der Meilenangabe müsste er ursprünglich von dort stammen.

Meilenstein in Gilching.
Foto: Toni Drexler

Bei Schöngeising führte die Straße über die Amper. Die Lokalisierung des Übergangs gelang Johann Georg Dominikus von Linbrun schon 1764. Aufgrund von Lesefunden wurde 1992/93 auf einem Feld zwischen Amper und Zellhofweg eine Grabung durchgeführt. Die Befunde können zu einer Straßenraststation (mansio) gehören, aber auch eine größere Siedlung (vicus) ist möglich.
Eichenpfosten, die wahrscheinlich zur ehemaligen Brücke gehören, konnten dendrochronologisch in die zweite Hälfte des 1. Jahrhunderts datiert werden. Dies ist ein weiterer Grund, in Schöngeising die Römersiedlung Ambrae zu sehen, die das Itinerarium Antonini, ein Straßenverzeichnis der römischen Provinzen im 3. Jh., an der Amper verzeichnet.
Ein Teilstück der Römerstraße wurde 1979 bei Renovierungsarbeiten in der Kirche St. Willibald bei Jesenwang erfasst, aber unzureichend dokumentiert. 2001 wurde es erneut untersucht und ein Lackprofil genommen. Der 7,2 m lange und 0,45cm hohe Ausschnitt zeigt eine gewölbte Schüttung aus unterschiedlich großen Kieseln.
Ab dem späteren 1. Jh. existierte ein relativ dichtes Netz von zumeist in Stein ausgebauten Gutshöfen (villae rusticae) in Alleinlage. Die Überschüsse ihrer landwirtschaftlichen Produktion lieferten diese Höfe vermutlich in die Provinzhauptstadt Augsburg und an das Militär. Im 2./3. Jh. erlebte diese spezialisierte Form der Landwirtschaft ihre Blütezeit.

Römerzeit Villa Lindach

Idealrekonstruktion der villa rustica in Lindach.
Zeichnung: H. Stölzl

Die Gutshöfe wurden meist von der romanisierten einheimischen Bevölkerung geführt. Hinzu kamen Soldaten, die sich nach Ableistung ihres Militärdiensts in der Provinz niederließen. Nur selten kennen wir die Namen derer, die den Hof bewirtschaften oder denen der Grund gehörte.
In die Provinzaristokratie führt der Grabstein, der 1974 bei Umbauarbeiten in der Pfarrkirche von Aufkirchen entdeckt wurde. Er wurde zum Reliquiar für den Altar umgearbeitet. Der 1,05 m hohe Stein wurde wohl in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts als Grabstein für Catullinus aufgestellt. Er war Verwalter für den Gutsherrn Paternius Lepidus. Den Grabstein gab der mit Catullinus befreundete Basileus in Auftrag. Beide waren Sklaven des Paternius Lepidus und arbeiteten für …?
In den villae rusticae des Landkreises wurde neben der Landwirtschaft auch Handwerk betrieben. 1992 entdeckte man zwei Eisenöfen bei Jesenwang. 1987 wurde ein Kalkbrennofen bei St. Willibald untersucht.
In Germering am Allinger Weg wurden vier Töpfer- bzw. Ziegelbrennöfen entdeckt, von denen einer in einer Großvitrine vor Ort ausgestellt ist. Aus Eismerszell stammt ein Ziegelbruchstück, auf dem die Ablieferung von über 1000 Ziegeln notiert und mitgebrannt wurde.
In den ersten drei Jahrhunderten waren Brandbestattungen die Regel, danach setzten sich Körpergräber durch. Fünf Urnengräber konnten am Mitterfeldweg in Germering geborgen werden, nachdem mehrere Bestattungen schon unbeobachtet zerstört worden waren. Eine junge Frau war dort gemeinsam mit ihrem Kind in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts bestattet worden; an Beigaben fanden sich außer der Urne 12 Keramikgefäße und eine Terra-sigillata-Schüssel sowie als Speisebeigaben ein Jungschwein sowie ein Huhn.
Bei der Errichtung früher Kirchen benutzte man sehr gerne römisches Steinmaterial. Die Wiederverwendung von Grabsteinen und Weihealtären kann darüber hinaus auch eine symbolische Bedeutung besessen haben, die die Überlegenheit des Christentums zum Ausdruck bringen sollte. Das in der Hörbacher Kirche entdeckte, fragmentierte Stück einer Weiheinschrift an Jupiter Dolichenus und Castor und Pollux könnte auf ein Heiligtum hindeuten. Bereits 1908 wurde ein Fragment eines röm. Grabsteins mit dem markanten Portrait eines Römers bei Bauarbeiten im Fundament der Kirche geborgen.

Römerzeit Hörbach

Fragment des römischen Grabsteins aus Hörbach.
Foto: Anna Ulrike Bergheim

Nach der Mitte des 3. Jahrhunderts veränderte sich die Besiedlung in Folge von Klimaverschlechterung und Barbareneinfällen in das Provinzgebiet. Viele Gutshöfe wurden ganz aufgegeben.
Der 1872 beim Bahnbau entdeckte Schatz von Fürstenfeldbruck-Schinderkreppe mit etwa 1200 römischen Kleinbronzemünzen wurde Ende des 4. Jhs. von seinem Besitzer versteckt, konnte von ihm aber nicht mehr geborgen werden. Der Fund wurde leider sehr schnell zerstreut, nur 18 der Münzen haben sich bis heute erhalten. Der Brucker Gerichtsschreiber Franz Seraph Hartmann (1824 – 1882) konnte noch 218 Münzen auf die Jahre 259 bis 383/88 datieren. Das Münzversteck verdeutlicht unsichere Zeiten, die mit der Völkerwanderungszeit einhergingen.
Als mögliches frühes Zeugnis für das spätantike Christentum ist der Fingerring aus Schöngeising zu diskutieren, auf dessen Kopfplatte ein Christogramm erkannt werden kann.
In Gernlinden wurden im Gewerbegebiet Ganghoferstraße 2004 und 2012 28 Gräber einer spätantiken Grabgruppe (Mitte 4. – erste Hälfte 5. Jh.) entdeckt. In den, teilweise schon antik beraubten Gräbern fanden sich auch germanische Fundgegenstände.
Um 400 datiert die Körperbestattung einer Frau, die an der Augsburger Straße in Germering 1998 entdeckt wurde. Die Frau trug u.a. einen Bronzehalsreif, der zeigt, dass es sich vermutlich um eine zugezogene Germanin handelt. Gleichzeitig hatte sie eine Kette aus über 300 Glasperlen an, die absolut typisch ist für den Schmuck der römischen Provinzen.Römerzeit Halsreif

Bronzehalsreif und Glasperlenkette aus Germering, Augsburger Straße.
Foto: Marcus Guckenbiehl