Deutsch-französischer Krieg 1870/71 – Teil 2

70/71er Krieg – Teil 2 – Landkreis FFB

Ein Brief aus dem 1870er-Krieg

von Toni Drexler

In dem reichen Fundus von historischen Zeugnissen, die sorgsam gehütet im Melchbauernhof von Ludwig Schmid verwahrt werden, befindet sich auch ein sehr seltenes Dokument: Ein Feldpostbrief aus dem 1870er-Krieg. Er stammt von Michael Steber, einem Bruder einer Vorfahrin des heutigen Hofbesitzers, der in Frankreich im Krieg war.

 

„O[r]leans, den 20. Oktober 1870

Liebster Bruder und Schwägerin

Schon wieder hatten wir zwei schwere Kämpfe zu bestehen in der Nähe von Oleans. Ich bin Gott sei Dank wieder glücklich durchgekommen. Wir sind in Oleans meistentheils auf Vorposten, und daher keine Stunde von einem Angriffe sicher. Den Adelbauer Michael und den Georg habe ich in Oleans getroffen. Auch den Grafen Michael von Egnhof der Bauer von Egenhof ist erschossen. Der Schuster Thomas hat mir alles Neue von meiner Heimath erzählt. Wir sind jetzt 32 Stund süd=westlich von Paris, wie es in und vor Paris zugeht, weiß ich nicht. Jetzt hat es Zeit das es bald ein Ende nimmt, sonst sicht von uns keiner mehr die Heimat, denn es schaut nichts anders her. Von einem Ende sehen wir keine Spur. Ich bin noch immer recht gesund und hoff, dass auch Euch mein Schreiben gesund antrifft. Es grüßt Euch herzlich. 

Euer geliebender Bruder und Schwager

Michael Steber

Michael Steber Soldat beim 4ten Jägerbatallion
2. Kompagnie“

 

Deutsch-Französischer Krieg 1870/71

Bismarck hatte sich die Einheit  Deutschlands zum Ziel gesetzt. Mit  einem Krieg gegen  Frankreich, so  hoffte er, könne er so viel Patriotismus im deutschen Menschen  entfachen, dass er dieses Ziel erreichen könnte. Sein Plan ging auf.

In Spanien war der Königsthron vakant und Bismarck wollte ihn mit einem Deutschen besetzen (Leopold von Hohenzollern – Sigmaringen). Das bedeutete für Kaiser Napoleon III., der sich dies nicht gefallen lassen wollte, Krieg. Krieg  gegen Preußen, den er am 19. Juli 1870 erklärte. 400 000 Preußen und eine Riege deutscher Staaten standen 300 000 Franzosen gegenüber. Napoleon III. wurde am 2.9.1870  in der Schlacht bei Sedan[1] gefangen genommen. Die Franzosen erklärten das Kaiserreich in Frankreich für abgeschafft und errichteten die Dritte Republik.

Der Krieg ging weiter, viel  heftiger als vorher. Auch Bayerns König Ludwig II. wurde trotz seines Friedenswillens bei der Zwangsläufigkeit der politischen Verhältnisse  in Bayern und dem Druck aus Preußen in diesen Krieg mit einbezogen.

Es war ein erbitterter  und verlustreicher Krieg. Vom 10. Oktober  bis 10. Dezember 1870 erstürmte und verlor und erstürmte wieder General von der Tann mit seinen Bayern Orléans. Sein Bataillon wurde zur Kompanie-Stärke reduziert. Die Kämpfer waren am Ende zerlumpt, barfuß, erschöpft. In der Heimat landeten haufenweise Verlustlisten. Kriegergottesdienste wurden in großer Zahl abgehalten.

Während der Belagerung von Paris war es Aufgabe der Armeeabteilung unter General von der Tann, die Belagerungstruppen gegen die neu aufgestellte Loirearmee abzusichern. Die Armeeabteilung bestand aus dem 1. Bayerischen Korps, der 22. Division und einigen Kavallerieeinheiten, nämlich der 2., 4. und 6. Kavallerie-Division. Nach einem bayerischen Sieg im Gefecht bei Artenay zogen sich die Franzosen zurück und die bayerischen Truppen konnten am 11. Oktober Orléans einnehmen. Vorhuten stießen bis weit über die Loire vor. Die 22. Division und die 4. Kavallerie-Division wurden aber wieder nach Paris zur Unterstützung der Belagerungstruppen abgezogen und nahmen dabei am 18. Oktober Châteaudun und am 21. Oktober Chartres ein. General von der Tanns Truppen im Raum Orléans zählten etwa 26.000 Mann,  den Bayern standen 14.543 Mann, 4.450 Reiter und 110 Geschütze zur Verfügung. Die Schlacht von Orléans am 3. und 4. Dezember 1870 war die bedeutende Schlacht in diesem Krieg und endete mit einem deutschen Sieg. Den deutschen Truppen gelang es, die Stadt einzunehmen, die französische Armee in zwei Teile zu trennen um die Entsendung  von Paris zu verhindern.

Am 18. Januar 1871 kapitulierte Paris. Bismarck nutzte die patriotische Hochstimmung in Deutschland, um die Einigung zu vollenden. Am 10. Mai folgte im Frankfurter Hotel zum Schwan, nach langwierigen Verhandlungen in Brüssel und Frankfurt, der Friede von Frankfurt.

Im April 1871 trat die Verfassung des Deutschen Reiches in Kraft. Bayern heimste für seine mühsame Zustimmung viele Zugeständnisse und Vorteile ein. Frankreich wurde zu schweren Reparationsleistungen verdammt.[2]

Fast 6000 bayerische Soldaten starben während des Krieges, davon über die Hälfte an Krankheiten.[3]

Überall im Land wurden Notspitäler eingerichtet, um die aus dem  Krieg zurückkehrenden Soldaten mit dem Notwendigsten zu versorgen. Für die eingerichteten Spitäler wurden Geld, Lebensmittel und Einrichtungsgegenstände gesammelt. In Hofhegnenberg wurde vom Grafen von Hegnenberg-Dux ein Not-Lazarett mit 18 Betten eingerichtet[4].

 

Michael Steber aus Hanshofen sah die Heimat nicht wieder. Er ist am 2. Dezember 1970 bei Orléans gefallen. Aus seiner Heimatgemeinde Günzlhofen sind außer ihm noch Lorenz Held und Johann Bapt. Dräxler aus diesem  Krieg nicht mehr zurückgekommen.

 

 

Ein Marterl aus dem 70er-Krieg

Am Waldrand vom Burgholz bei Mittelstetten befindet sich ein Martel, das an einen gefallenen Soldaten aus Mittelstetten erinnert. Auf der Rückseite ist eine eingelassene Tafel. Dort ist zu lesen:

 

„Zum frommen Andenken, an den unvergeßlichen, ehr und Tugendsamen Jüngling

Ignaz Huber

Schneidersohn von Mittelstetten Soldat beim 2. Königlichen Infanterieregiment Kronprinz, geb. den 30. Jänner 1847 gefallen in der Schlacht bei Sedan den 1. September 1870, im deutsch-französischen Krieg.

Ich muß fort in ein fremdes Land,
Ich muß verlaßen Vater Mutter und Geschwister
In fremden Lande muß ich sterben
Und doch ist hier mein Vaterland,
Fürs Vaterland hab ich gestritten,
Drum wollt ihr für mich bitten,
Drum ihr schwerbetrübten Eltern und Geschwister
Über eine kleine Weile u. ihr werdet mich wiedersehen
Und euer Herz wird sich erfreuen
Betet für mich u. ich für euch
So kommen wir zusammen im Himmelreich.
Er ruhe in Frieden.“

 

Bildunterschrift:

Den Heldentod hab ich für Euch erlitten. Darum sollt ihr auch für mich bitten.

Ignaz Huber Soldat des II. Infanterie  Regiment  Kronprinz I. Battaillon, 4. Komp.

 

 

Gedenkplatte an der Hörbacher Kirche

An der Südseite der Hörbacher Kirche befand sich bis in die 1970er Jahre eine Kalksteinplatte für Johann Klotz, geb. 22.6.1847 in Hörbach (vom Ließ-Anwesen). Johann Klotz, Soldat beim kgl. II. Infanterie-Regiment „Kronprinz“ starb im Deutsch-französischen Krieg am 10.12.1870 im sächsischen Feldlazarett an der Ruhr. Er war das einzige Kind der Familie.

 

 

[1] Die Schlacht von Sedan fand am 1. und 2. September 1870 im Deutsch-Französischen Krieg statt. Der deutsche Sieg war vorentscheidend für den Ausgang des Krieges. Auf französischer Seite hatte die Kapitulation der französischen Truppen und die Gefangennahme des Kaisers Napoléon III. die Ausrufung der Dritten Republik zur Folge.
[2]  Nach: Alfons Kraus: Der fast vergessene Krieg gegen Frankreich – 1870/71

[3] Sanitätsbericht über die deutschen Heere im Kriege gegen Frankreich 1870/71, Zweiter Band, Mittler, Berlin 1886, S. 66–69, 428–429.

[4] Chronik von Fürstenfeldbruck bis 1878 von Jakob Groß

 

Bildnachweise: T. Drexler

Der Historische Verein weist darauf hin, dass für den Inhalt der einzelnen Artikel ausschließlich die jeweiligen Autorinnen und Autoren verantwortlich sind. Die Meinungen zu einzelnen Büchern entsprechen nicht unbedingt den Ansichten des Vereins.

 

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