Pest

Im ersten Beitrag geht es gleich um die Pest. Eine Buchbesprechung von Daniel Defoes nicht sehr bekanntem Werk „Die Pest zu London“, gefolgt von einem Podcast zweier charmanter Wienerinnen zur Karlskirche und Ihrer Entstehung. Am Ende dieses Blogs noch ein Beitrag des Archäologen Stefan Groh zur „Antoninischen Pest“. 

 

BUCHBESPRECHUNG

Die Pest zu London
von Daniel Defoe

In den Jahren 1665/1666 grassierte die letzte große Pestwelle in London und im Süden Englands. Sie forderte 100.000 Tote, davon rd. 70.000 in London.

Defoe war damals gerade 5 Jahre alt. 1722, drei Jahre nach dem Erfolg seines „Robinson Crusoe“ schrieb Defoe seine realistische Chronik der Epidemie „Journal of the Grand Plague of London“. Auch wenn diese Geschichte fiktiv ist, so verwendete Defoe zeitgenössische Berichte als Basis.

Für mich erstaunlich ist die Aktualität vieler Handlungsweisen in Zeiten von Corona. Angefangen mit der Hoffnung, es würde nicht so schlimm werden, über den Versuch durch Flucht aufs Land der Seuche zu entkommen, dem Glauben an Scharlatane und Wundermittelchen bis hin zu Hamsterkäufen beschreibt Defoe viele Dinge, die mir sehr bekannt vorkommen. Aber auch die radikalen Maßnahmen der öffentlichen Stellen haben mich sehr beeindruckt. So druckt Defoe eine – vermutlich echte – Verfügung des Lord Major von London „Betreff der Ansteckung durch die Pest, 1665“ ab, die auf 9 Seiten im Buch teilweise erstaunlich detaillierte Regelungen über die Bestellung und die Aufgaben von Visitatoren, Wächtern, Leichenbeschauern, Wundärzten und Pflegewärterinnen enthält. In dieser Verordnung sind aber auch die Absperrung von ganzen Straßenzügen, das Verbot verseuchte Häuser zu verlassen, die Art der Beerdigung und ein Versammlungsverbot ebenso geregelt wie die Schließung von Gasthäusern ab 21 Uhr.

Defoe berichtet auch davon, dass beim ersten Rückgang der Sterbezahlen die Menschen aufhörten, die Krankheit ernst zu nehmen und sich nicht mehr um die Ansteckungsgefahr kümmerten, obwohl die Ärzte sie warnten.

Als die Ansteckungsgefahr im Frühjahr 1666 zurückging, war ca. ein Fünftel der Londoner Bevölkerung an der Pest gestorben. Ob die Welle tatsächlich vorbei war, werden wir nie erfahren. Im September 1666 zerstörte der große Brand von London einen Großteil der Stadt und verbrannte auch die infizierten Ratten und Flöhe. Damit war die letzte große Pestepidemie in England tatsächlich vorbei.

Obwohl manche Gedanken, insbesondere über die religiösen Hintergründe der Pest, nicht mehr unserem heutigen Wissen entsprechen, so ist das Buch doch eine interessante Studie über das Verhalten von Menschen in Ausnahmezeiten. (U. Bergheim)

© 2020 Mathias Wagner (Hrsg.)
Übersetzt von Heinrich Steinitzer, 1925
Herstellung und Verlag: BoD Books on Demand, Norderstedt
ISBN: 978-3-75046-040-9

 

PODCAST

Die Karlskirche

Als am 25. Februar 1878 mein Ur-Urgroßvater Rudolf seine Antonie in der Karlskirche in Wien heiratete, wird ihm sicher nicht der Sinn nach der Entstehung dieser Kirche gestanden haben. Die Karlskirche ist eine der bedeutendsten barocken Kirchenbauten nördlich der Alpen und ein Wahrzeichen Wiens.

Im Podcast „Erzähl mir von Wien“ erzählt Fritzi Kraus vom Bau der Kirche anlässlich der Überwindung der Pestepidemie im 18. Jh. und wie sie am Flohmarkt in Wuhan einen Maria-Theresia-Taler gefunden hat. (B.Regler)

Beitragsbild: Wienfluss am Karlsplatz, 1822 Stich von J. F. Wizzoni (Wikipedia gemeinfrei)

 

BLOG-BEITRAG

Der Standard:
Corona und die Antoninische Pest
Maßnahmen zur Eindämmung einer Epidemie im Römischen Reich

von Stefan Groh 12. März 2020

 

Der Historische Verein weist darauf hin, dass für den Inhalt der einzelnen Artikel ausschließlich die jeweiligen Autorinnen und Autoren verantwortlich sind. Die Meinungen zu einzelnen Büchern entsprechen nicht unbedingt den Ansichten des Vereins.

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